Eine Krankheit ist es nicht, bezeichnen wir es eher als ein Leiden oder einen "inneren Zwang". Es begann ziemlich genau 1982. Dass das so war sollte mir allerdings erst viel später bewusst werden.

1982 erstand ich meinen ersten Roadster. Einen Alfa Romeo Spider 2000, Baujahr 1980, in Ferrari-rot. Ein Traum war Wirklichkeit geworden.

Dies sollte auch fast sechs Jahre Bestand haben. Sechs Jahre, die auch schon mal durch große Sorgen wegen der Erneuerung der Radläufe, die waren trotz Top-Pflege einfach von innen her weg gerostet, und einer notwendigen Neulackierung, geprägt waren. Aber werden wir nicht bitter, ansonsten war der ALFA die "Oben-Ohne-Erfüllung".

 

 

Was nun kam, war die Zeit der Vernunft, das Studium war beendet, ich wollte endlich meinen Mann stehen, Schluss jetzt mit der Kinderei. Ein neuer, schwarzer BMW sollte es richten. Das tat er auch, denn es war Winter.  

 In den nun folgenden Jahren wurde mir dann langsam, aber immer bestimmter bewusst, dass zu einem richtigen Sommer ein richtiger Roadster gehört und Vernunft irgendwie nicht meinem Naturell entsprach. Diesmal sollte "es" etwas Richtiges werden, etwas Endgültiges, so wie zu heiraten. Nachdem mir dann klar war, dass ich "es" brauchte, kam die Frage nach dem Was. Sicher, ein Z3 ist ein schöner Wagen, aber nein, die Träume hießen Morgan +8, Jaguar E Type oder ... COBRA?

Wenn ich etwas wirklich will sind alle Risiken und möglichen Nachteile schnell beiseite geräumt. Motiviert durch die offensichtlichen Vorteile - ein Traumwagen, ein echter Roadster und das mit problemloser, moderner Technik - stürzte ich mich kopfüber in das Abenteuer. Wir bauen ein Kit Car - es sollte ein COBRA werden.

 

 

 Es folgten zweieinhalb intensive Jahre. Neben meinem Job hatte war ich voll dem Cobrabau verschrieben. Fast täglich verbrachte ich ca. ein bis zwei Stunden in der Garage, Samstag war "full time" angesagt und sonntags ließ mich das Projekt ebenfalls selten los. Die zurückgelegten Kilometer für Besorgungen, Fahrzeugtransporte, Messebesuche und sonstige Maßnahmen zur Teilebeschaffung traue ich mich erst gar nicht zusammenzustellen. Aber, es machte Spaß.

Mein Kit Car war kein Auto in Einzelteilen, welches man einfach selbst zusammenschraubt. Ein Großteil der Technik musste nach eigenem Konzept verwirklicht werden, vom Interieur ganz zu schweigen, hier gab es im Prinzip gar keine Vorgabe.
Der Wagen wurde in einer ganz normalen Standardgarage montiert, eigentlich war das zu wenig Platz. Neben dieser Garage hatte ich jedoch noch eine kleine, eigene Schlosserwerkstatt zur Verfügung, in der ich Schweißen, Flexen und alle anderen anfallenden Arbeiten durchführen konnte. 

 

 

 Den Bau meines Kit Cars kann man in füf Schritte einteilen:

1. Das Rolling Chassis - also Fahrwerk, Achsen, Lenkung, Pedalerie, Bremsanlage, Tank.

2. Die Antriebseinheit - Motor, Getriebe, Kardanwelle.

3. Die Elektrik - danach die erste Probefahrt ohne Karosserie.

4. Die Karosserie - Anlaminieren des GFK Bodies, Lackierung.

5. Das Interieur - mir gefällt es so. 

 

 

Übrigens, bevor ich die Bauphasen im einzelnen schildere, noch eine Anmerkung. Mit einer Bauzeit von gut zwei Jahren gehöre ich sicher zu den Spitzenreitern, was die Bauzeit anbetrifft. Natürlich habe ich auch viel Zeit in der Garage einfach verplempert. Etwa dagesessen, das Rolling Chassis angeschaut, reingesetzt vom fertigen Auto geträumt.

Man mag schmunzeln, aber das war durchaus entspannend und genau das sollte ein Hobby sein. Darüber hinaus ereilten mich genau in diesen Momenten die besten Ideen für gute, technische Detaillösungen.

Ein wichtiger Grundsatz hatte dabei von Beginn an oberste Priorität. Bloß keinen Murks. Murks ist tödlich. Alles was nicht von vorne herein sauber und abschließend gelöst ist, rächt sich später und verdirbt die Freude am Fahren.

...und es fährt ...seit 21 Jahren ohne Probleme.

 

 

Das Fahrgestell

August '93 kam die lang ersehnte erste Teillieferung meines im Mai georderten Bausatzes. Das Fahrgestell. Genau gesagt war es der Kastenrohrrahmen mit eingesteckten und lose angeschraubten Achsen und Lenkung. Das Ganze sah schrottplatzmäßig aus, klar, die Serienteile waren ja auch vom Schrott.

So sah natürlich nicht "mein" Kit Car aus. Zunächst wurde alles demontiert, dann mit reichlich Lösungsmitteln und viel Handarbeit gereinigt. Alle Verschleißteile wurden durch neue ersetzt, die gereinigten Teile dann sauber lackiert und farblich schön abgesetzt. Der grundierte Rahmen wurde mit Kunstharzfarbe (glänzend schwarz) gestrichen.

Nachdem nun alles wieder montiert war, sah die Sache schon anders aus. Alles war sauber, frisch und neuwertig.
Nun, nach fast drei Monaten, begann die eigentliche, die angenehme Arbeit.

Zunächst wurde der Motorinnenraum fertiggestellt. Dünne Wärmedämmmatten wurden aufgelegt, darüber wurden Aluminiumbleche (2 mm dick) angepasst und verschraubt. Die Bleche wurden vor der Endmontage hochglanzpoliert. Dann die Bremsanlage - hier habe ich komplett nur Neuteile verwendet.
Brems- und Benzinleitungen wurden am Rahmen entlang 
geführt. Die Leitungen werden alle in kurzen Abständen mit entsprechenden Schellen gehalten. Der Tank aus rostfreiem Stahl musste vorbereitet werden. Halterungen mussten gebaut werden. Haltbare Gummiauflagen dämpfen den Behälter.

 


 

 

Dann kam die Heizung dran. Auch hier wollte ich keinen Kompromiss - so was kann ja undicht werden, wenn es alt ist - und habe eine neue gekauft - vom Mini.

Alles bis ins Letzte zu schildern führt zu weit, es sind eine Unmenge von Details umgesetzt worden. Benzinpumpe und -Filter, vorbereitende Verrohrungen zum Anschluss der Lenkung an die Servopumpe, ein Kapitel für sich war die Pedalerie.

Alle Flächen zum Innenraum wurden mit Aluminiumblech doppelwandig ausgeführt. In die Zwischenräume kamen Antidröhnmatten. Die so entstandenen, spiegelglatten, exakten Innenraumflächen sollten mir später Arbeiten für die Innenausstattung wesentlich erleichtern.
Das Fahrzeug dröhnt heute im Inneren überhaupt nicht, der Sound kommt durch den Auspuff und sonst durch nichts.
So soll es sein.

 

 

Die Antriebseinheit

Auch wenn viele Cobrafreunde die Nase rümpfen, wenn jemand allen Ernstes einen "schlaffen" FORD-3 Liter Motor in eine COBRA einbaut, eigentlich echter Frevel, stehe ich bis heute zu meiner Entscheidung.
Das Ganze sollte auf Dauer gesehen wirtschaftlich bleiben, Ersatzteile sollten langfristig verfügbar sein und,
obwohl ich jedesmal mit Schumi sterbe, wenn er am Start steht, fahre ich selbst eigentlich eher genießerisch.
Na ja trotzdem, der Motor fährt sich angenehm und hat ein gutes Drehmoment.

Ein V6, 2.9 Liter, 150 PS musste her. Es war nicht leicht, einen geeigneten Motor zu finden. Wie immer hatte ich am Ende Glück.
Nach einer Anzeige bot mir jemand den idealen Unfallwagen an - fast neu, wirtschaftlicher Totalschaden, nur rechte Seite aufgerissen, kein Überschlag, aber komplett. Aus Platzgründen sagte ich natürlich ab. Eine Menge Ersatzteile wären drin gewesen, aber was soll's, ich sagte ab.

In der nächsten Phase bekam ich jede Menge Angebote. Exotische Leute mit guten Motoren, nur 300.000 km gelaufen mit nur kleinem Defekt. Oh je.

Ich hatte bereits kalte Füße, bis der Mann mit dem ganzen Wagen wieder anrief und eröffnete, dass er auch den Motor nach meinen Wünschen ausbaut und einzeln ausliefert, was ich sonst an Technik brauchte musste ich nur sagen, war ja drin in dem Wagen.

Gerettet ! Zum Festpreis orderte ich alles, was ich brauchte: Motor, Getriebe, Kardanwelle, Lichtmaschine, Servopumpe, die Krümmer mit Hosenrohr, Steuereinheit und den Motorkabelbaum, auch er sauber von Profis seziert, und alles frei Haus.

Die Jungens waren Autofreaks aus einem FORD GRANADA CLUB. Begeisterungsfähige Fachleute. Eine "Win Win Situation".

 

 

 

Der Maschine verpasste ich zunächst eine neue Optik. Auch dieser Part ist nicht zu unterschätzen. Zunächst wurden der Block und das Getriebe gereinigt, das Getriebe habe ich liebevoll mit der Bohrmaschine und einer weichen Stahlbürste gesäubert. Der Block wurde schwarz lackiert, dann gings zur Verchromerei. Eigentlich habe ich nicht unbedingt Chrom gewollt, aber er hat Vorteile: dauerhaft und gut zu pflegen. Ja, gut zu pflegen. Einmal im Jahr wird die Maschine mit warmem Wasser mit "Spüli"-Zusatz abgeschwammt, that's it. Es wird jedesmal wie neu.

Ein Highlight sind die chemisch vernickelten Gusskrümmer. Sie weisen einen schönen metallischen Ton auf, der im Hochhitzebereich bläulich anläuft, wunderschön. Lacht nicht ! Ein Hobby erfordert einen gewissen Enthusiasmus.

Übrigens war das graue Ansaugrohr einfach hässlich, nur Rot kam in Frage.

Schließlich wurden die Vorrichtungen der Seilzugmechanik der FORD Kupplung entfernt und der Nehmerzylinder aus der BMW 7er-Reihe angebracht und am Getriebeblock verrohrt. Gemeinsam mit der Gebermechanik eines Mercedes vermittelt die Kupplung das Feeling der Premium-Klasse.

 

 

Meine kleine Garage hatte einen entscheidenden Vorteil, nämlich eine Montagegrube und Anschlagpunkte für einen Kettenzug. So gelang es mir, die Maschine mit Getriebe, unterstützt von Balkenstücken und Holzkeilen, im Rahmen freischwebend zu positionieren. Anschließend wurden entsprechende Halter verpasst und eingeschweßt.

Für die Verbindung von Getriebe zu Differential wurde die Kardanwelle von ca. 1,80 m Länge auf etwa 700 mm gekürzt. Wichtig ist, dass die neue Konstruktion wuchtig ist.

 

  

Die Elektrik

Zunächst ist Autoelektrik ungewohnt, doch die Grundzüge sind leicht erlernbar. Diese habe ich mir in einem Lehrbuch für
Autoelektriker angeeignet.

Der Motorkabelbaum, ebenfalls geliefert von den GRANADA-Leuten, verbindet die Steuereinheit mit der Maschine und stellt die Verknüpfung zur Motor-Sensorik her.

Darüber hinaus erhielt ich einen wunderbaren Grundkabelbaum, der liebevoll und professionell von der Fa. Reiner Klapdor gewickelt worden war.

Der nächste Teil, und das war ausschließlich mein Part, war die Bedienungselektrik. Diese befindet sich fest installiert am Armaturenbrett.

 

 

Ähnlich wie bei allen anderen Themen würde die genaue Darstellung aller Details viel zu weit führen.

Nur soviel: Der gesamte Elektrik-Teil fiel mir nicht leicht. Ich habe 
Tage und Wochen über der Geschichte verbracht, aber das Ergebnis lässt sich sehen:

Der Kabelbaum führt zu einem Stecker hinter dem Armaturenbrett. Der Stecker ist ein Profiteil aus dem Werkzeugmaschinenbau, schier unverwüstlich.

Alle Kabel sind mit dauerhaften Plastikschildern beschriftet. Jeder Autoelektriker könnte sich ohne Schaltplan, den ich natürlich nicht erstellt habe, zurechtfinden.

Die Verkabelung auf Stecker ermöglicht das Entfernen des Armaturenbrettes mit wenigen Handgriffen.

 

 

Ja, ne Menge Arbeit war's, aber dann ...

...das Ergebnis bringt das Blut zum Kochen, Adrenalin pur, ein euphorischer Moment. Der Sechszylinder startet. Blankes Rohr, drei Liter Hubraum blasen ungedämpft ins Freie, die Servopumpe surrt, die Lenkung butterweich, die Bremsen sprechen an, denn jetzt steht erstmalig Unterdruck zur Verfügung. Tja, eigentlich war es nur ein Gestell auf vier Rädern
mit einem schön verchromtem Motor. Aber glaubt es mir, es fühlte sich wie ein COBRA Fahrwerk an
und das Teil hatte Feuer. Ich liebte es.

 

 

 

 Die Lackierung begann mit einem Desaster, aber zunächst sollte alles problemlos laufen.

Der Sommer '94 neigte sich dem Ende zu. Mein Zeitplan war klar. In Kürze sollte die Karosserie anlaminiert werden, dann die Lackierung im Winter, parallel wollte ich das Interieur, insbesondere das Armaturenbrett fertigen. Somit stand der Vollendung zur 95er Saison nichts im Weg.

Hier vorab ein wichtiger Tip: Rechnet auf Euren optimistischen Zeitplan mindestens 50% dazu, dann liegt Ihr richtig. Beispielsweise habe ich vor Kurzem die Erfahrungsberichte von Bernd Boettchers gelesen, einem langjährigen Kit Car-Schrauber. Irgendwann hakt es garantiert irgendwo.

Das Anlaminieren der Karrosserie sollte von vorneherein nicht mein Ding sein. Damit der Body gut sitzt, war klar, dass diese Arbeit vom Profi gemacht werden sollte. Ich beauftragte die Firma von Mario Malzkorn aus Düsseldorf. Eine gute Entscheidung.

Marios Hausspediteur holte das Rolling Chassis ab. Mit unwesentlicher Verspätung konnte ich die anlaminierte Karosserie in Düsseldorf abnehmen und mein Baby wieder nach Hause holen.

 

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